Fotoshow Dynamikum, Pirmasens und Umgebung Pirmasen
Ein Dynamiker auf Entdeckungsreise
Marcus Wagner, Leiter des gerade eröffneten Mitmach-Museums, hat ein neues Bild von der Schuhstadt gewonnen
Die Lage von Pirmasens mitten im Pfälzerwald macht die Stadt zum idealen Ausgangspunkt für Wanderer oder Radfahrer. Doch bislang fehlte eine Attraktion, die auch Kurzurlauber oder Tagestouristen anzieht. Das Ende April eröffnete Mitmach-Museum Dynamikum soll diese Lücke schließen, jährlich rund 90.000 Besucher anziehen. Für die Pirmasenser hat das neue Wissenschafts-Center auch eine Identitätsstiftende Funktion, findet der wissenschaftlich-pädagogische Leiter Marcus Wagner. Was sich in und um das Dynamikum tut, zeigt, dass sich die Stadt mit der höchsten Arbeitslosenquote des Landes sich gegen den Abstieg wehrt, dass die Menschen in Pirmasens die Wende schaffen wollen — davon handelt dieser sechsteilige RHEINPFALZ-Report von unserem Mitarbeiter Andreas Danner.
Am Anfang. als ich hierher kam, habe ich auch alles so gesehen.“ Als Marcus Wagner, wissenschaftlich - pädagogischer Leiter des Pirmasenser Mitmach-Museums Dynamikum, im vergangenen Jahr zum ersten Mal mit dem Zug in die Stadt kam, hatte er die schlechten Nachrichten über Pirmasens im Kopf, -Viel Positives fiel ihm auf Anhieb nicht ins Auge. Baustellen, Schmuddelecken, tristes Wetter, Mehr als ein halbes Jahr später sieht der 28-jährige Hesse die Stadt in einem anderen Licht: „Man sieht die Veränderungen, man sieht aber auch, dass noch viel zu tun ist.Viel getan hat sich in der ehemaligen Schuhfabrik "der Rheinberger", die auch das Dynamikum beherbergt.
Rund sechs Millionen Euro investierten Stadt, Land. Bezirksverband und private Geldgeber in das Wissenschaftszentrum. Auf zwei Etagen finden sich 150 Experimentierstationen, die Zusammenhänge aus der Physik und der Mathematik spielerisch erfahrbar machen. Und das für jedes Alter. Im Mai, im ersten Monat nach der Eröffnung, kamen 5000 Besucher. Der Betrieb läuft langsam an, entwickelt sich aber. Davon ist Wagner überzeugt.
Der 28-Jährige ist einen auch für Pirmasenser Verhältnisse zunächst typischen Weg gegangen: Er verließ seinen Heimatort. Aufgewachsen im hessischen Ober-Mörlen im Wetteraukreis nahe Frankfurt — das ist ein Dorf mit 5000 Einwohnern —‚ zog es ihn nach dem Abitur zum Studium nach Gießen, „die Stadt mit der höchsten Studentendichte Deutschlands". Schon während seines Lehramtsstudiums in Mathematik und Physik gehörte er zum Betreuungsteam des neuen Giessener Mitmach-Museums Mathematikum. Nach seinem Examen schloss er im Mathematikum ein zweijähriges Museumsvolontariat an. Dann wurde Wagner auf die Dynamikums-Stelle aufmerksam, bewarb sich und wurde eingestellt. „Gießen ist zwar eine Nummer größer als Pirmasens aber auch keine Weltstadt‘, vergleicht er.
Seit seiner Ankunft hat sich für Wagner vieles verändert. Nach dem Stress der Vorbereitung und der ersten Betriebswochen steht Ende Juni der erste Urlaub an — 14 Tage weg von Pirmasens. Die ursprüngliche Distanz, die er zu seinem Arbeitsort hatte, ist längst verschwunden. „Ich bin kein neutraler Beobachter mehr“, räumt er ein. Kein Wunder, denn Wagner hat fast täglich mit zwei Berufs- und Überzeugungs-Pirmasensern zu tun: Dynamikum-Geschäftsführer Rolf Schlicher, zugleich Chef des Pirmasenser Marketingvereins und verantwortlich für Image-Kampagnen ‘wie «das beste Pirmasens der Welt, und Oberbürgermeister Bernhard Matheis, der das Dynarnikurn als die Chance für seine Stadt sieht.
Mittlerweile hat Wagner die Stadt erkundet. „Hier muss man erstmal schauen wo das Eigene ist. Aber man findet hier alles, was einem so gefällt~ sagt er. Zu seinen Lieblingsecken gehört der Skulpturenpark am Alten Friedhof, am Wochenende genießt er den nahen Pfälzerwald. Genossen hat Wagner auch die Stimmung während des Landesturnfestes an Pfingsten. „Das sind Momente, wo man sich so richtig heimisch fühlt‘, bemerkt er.
Wagner kennt auch das hässliche Pirmasenser Gesicht, die sozialen Probleme, die Armut. Als Beispiel nennt er einen Supermarkt im Stadtzentrum: „Wenn ich da abends reingehe, dann sehe ich die Probleme der Stadt Im Dynamikum sieht er die andere Seite, da zeigt sich das schöne, neue Gesicht der Stadt. Unter den rund 40 Dynamikums-Mitarbeitern — Aushilfskräfte, geringfügig Beschäftigte, Besucherbetreuer — sind viele Pirmasenser aus Überzeugung. Und einige sind Heimkehrer auf Zeit. „Wir haben einige studentische Kräfte, die froh sind, hier etwas machen zu können. Würde es das Dynamikum nicht geben, müssten sie sich beispielsweise etwas in Landau suchen. Eigentlich wollen die später auch alle hier bleiben, erzählt Wagner. Doch entsprechende Stellen sind ganz dünn gesät.
Und daraus ergibt sich, dass viele Jüngere der Stadt den Rücken kehren; die Pirmasenser immer weniger und älter werden. „Dieses demographische Problem muss die Stadt angehen, man muss die Jugend hier halten“, sagt Wagner. Das sei nicht von heute auf morgen machbar, doch die Stadt sei auf einem guten Weg, versichert er.
Pirmasens wandele sich, das Dynarnikum seit etwas, auf das die Einwohner Stolz sein können, betont Wagner. Das Dynamikum könnte das Bild über Pirmasens verändern, das Wagner schon lange nicht mehr für gerechtfertigt hält.,, Ich sehe mich als Teil dieser Veränderung~, fügt Wagner nicht ohne Stolz an.
mit freundlicher Genehmigung durch: rheinpfalz.de